Newsletter Charkiw-Nürnberg November 2021; Einladung zum nächsten Runden Tisch Ukraine mit Charkiw Reisebericht am 15.11.21

Liebe Ukraine-Interessierte,

Letzten Samstag bin ich aus Charkiw wohlbehalten ohne Infektionzurückgekehrt.  Auch wenn die Ukraine zurzeit als Hochrisikogebiet gilt und Charkiw besonders betroffen ist, merkt man oberflächlich nicht viel davon. Auf den Straßen und Plätzen ein emsiges Treiben -- in Kiew wurde gerade ein lautstarker und teilnehmerintensiver Marathonlauf durch die Innenstadt veranstaltet-- die Restaurants sind gut frequentiert, die Straßen voller Staus.  Unsere Partner in den Einrichtungen, die wir besuchten -- vor allem das Nürnberger Haus-- sind allerdings alle geimpft, auch die Mehrzahl der Kursteilnehmer. Man beachtet auch gründlich die Regeln des Desinfizierens, Abstandhaltens und Maskentragens. Es ist aber eine Freude zu sehen, wie intensiv und erfolgreich sie arbeiten, und wie sehr sie unsere Besuch und Begegnung geschätzt und genossen haben. Auch von der Stadt Charkiw  wurden wir -- die Leiterin des Amts für Internationale Beziehung der Stadt Nürnberg mit einem Mitarbeiter, der für Charkiw zuständig ist sowie Diether Götz und ich vom Verein-- sehr gastfreundlich empfangen und betreut.

Weitere Informationen können Sie beim nächsten Runden Tisch Ukraine erhalten, bei dem Christine Schüßler und Daniel Nevaril vom Amt für Internationale Beziehungen der Stadt Nürnberg sowie Diether Götz und ich darüber berichten und Bilder zeigen.  Herzliche Einladung dazu am 15.11.2021 um 19 Uhr im Salon des LIteraturhauses in Nürnberg, Luitpoldstraße 6.

HIer sind nun die Infos und LInks zu den Ereignissen der letzten 4 Wochen.

Covid 19

Die Ukraine wurde am 10.10.21 von Deutschland als Hochrisikogebiet eingestuft. Bislang wurden dort  ca. 3, 2 Millionen COVID-19 Infektionen erfasst, bei 77.156 Corona-bedingten Todesfällen (Stand: 09.11.2021).

Innerhalb der letzten Woche wurden in Ukraine 368,2 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner gemeldet ("7-Tage-Inzidenz").Es wurden bislang 11.546.721 COVID-19 Erstimpfungen durchgeführt (Stand: 08.11.2021). Dies entspricht einer Impfquote bei den Erstimpfungen von 26,56%. Vollständig geimpft sind 18,54% der Bevölkerung.     

https://www.corona-in-zahlen.de/weltweit/ukraine/?fbclid=IwAR0D3NmtRoq6IGS4FcqCnICwnymXjTyzoEp_y0tSvl8le4K23hJ09uduALQ

Kiew ist am 01.11. in die rote Zone gerutscht, was bedeutet, dass Kinos, Theater, Einkaufszentren, Kultur- und Sporteinrichtungen schließen müssen, wenn nicht alle Beteiligten vollständig geimpft sind.  https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/klitschko-kyiv-to-remain-red-for-at-least-1-month.html

Die Impfquote ist die niedrigste in Europa. Obwohl nun intensivere Maßnahmen eingeleitet wurden, um sie zu steigern -- mehr Impfstationen, z.B. an Bahnhöfen der großen Städte, Impfkontrollen beim Besteigen der Züge, Impfmandate für Lehrer und Mitarbeiter in pädagogischen Einrichtungn-- besteht immer noch eines weitverbreiteter Widerstand gegen das Impfen. Sehr negativ wirkt sich auch der Verkaufs von falschen Impfzertifikaten im großen Stil aus. Leute mit falschen Impfzertifikaten sind dann auch falsch registriert und erhalten dann keine echte Impfung mehr, wenn sie sie brauchen.

https://www.nytimes.com/2021/10/19/world/europe/ukraine-covid-deaths.html

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/non-vaccinated-teachers-will-be-suspended-without-pay-in-november.html   

https://www.kyivpost.com/multimedia/photo/new-vaccination-points-at-train-stations-start-operating-in-kyiv

Die Betten in den Krankenhäusern reichen nicht aus, besonders in den Kleinstädten. Der Gesundheitsminister Viktor Lyashko drängt die Bevölkerung, sich impfen   zu lassen und sieht sonst die Notwendigkeit, eine Triage einzuführen.    https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/latest-coronavirus-wave-plunges-ukraine-into-renewed-crisis.html

https://en.hromadske.ua/posts/extra-beds-wont-defeat-covid-vaccination-will-ukraines-health-minister-viktor-lyashko

Bürgermeisterwahl in Kharkiv

Am 31.10. fand die Wahl des Bürgermeisters von Charkiw statt.  Von 10 angetretenen Kandidaten wurden dem amtierenden Bürgermeister Igor Terechov und dem früheren Gouverneur und Bürgermeister Michail Dobkin die meisten Chancen eingeräumt. Am 02.11. stand fest, dass Igor Terechow mit einer absoluten Mehrheit von 50,6% der Stimmen die Wahl gewonnen hat. Die Wahlbeteiligung lag bei 28%. Obwohl Dobkin nur 28% der STimmen erhielt, hat er inzwischen gerichtliche Schritte eingeleitet, um die Wahl anzufechten. Sowohl Terechow als auch Dobkin gelten als Russland-freundlich und als enge Weggefährten von Gennadi Kernes, dem im letzten Jahr wiedergewählten charismatischen aber auch skandalumwitterten Bürgermeister, der an Covid-19 starb.

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/acting-mayor-terekhov-projected-to-win-kharkiv-mayoral-elections-run-off-in-question.html

Allgemein

Die englischsprachige Zeitung "Kyiv Post", aus der ich immer viele Informationen für den Newsletter entnommen habe, hat ihr Erscheinen mit dem gestrigen Tag eingestellt. Seit 1995 war sie ein Flaggschiff des kritischen, unabhängigen Journalismus in der Ukraine. Der Besitzer Adnan Kivan, ein ukrainischer Baulöwe, hatte nach Protesten der Redaktion gegen seine Eingriffe  die ganze Redaktion gefeuert. Kivan erklärte, es gebe in Kürze einen Neustart . https://www.theguardian.com/world/2021/nov/08/ukrainian-english-language-newspaper-kyiv-post-suspends-publication

Nach der Unterzeichnung des Open Skies Vertrags zwischen der EU und der Ukraine erweitert WizzAir erheblich  von KIew und Lwiw aus sein Flugangebot in viele europäische Länder.

https://www.kyivpost.com/business/wizzair-launching-new-flights-to-eu-countries-from-ukraine.html

In Städten wie Kiew, Charkiw, Odessa oder Lwiw gibt es inzwischen bekennende LGBTQ+ Personen und Gemeinden mit eigener Subkultur.

https://www.kyivpost.com/lifestyle/what-is-it-like-to-be-queer-in-other-big-cities-in-ukraine.html

Die ukrainische Dirigentin Oksana Lyniv ist zur Generalmusikdirektorin des Teatro Comunale di Bologna ernannt worden und wird ab Januar 2022  3 Jahre dort tätig sein. Damit  ist sie die weibliche Generalmusikdirektorin an einem italienischen Opernhaus.  https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/ukraines-classical-music-superstar-oksana-lyniv-makes-history-again/

Innenpolitik

Anfang November sind 5 Minister zurückgetreten: der Verteidigungsminister, der stellv. Premierminister, der Wirtschaftsminister, Umweltminister und Minister für strategische Industrien. Hintergrund sind einerseits Anschuldigungen von Ineffizienz und Korruption, andererseits wohl Selenskiys Bestreben sich mit ihm loyalen Ministern eine Machtvertikale aufzubauen.

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/leadership-reshuffle-to-affect-ministries-of-defense-strategic-industries-reintegration-of-occupied-territories.html

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/rada-accepts-resignation-of-five-ministers.html

Am 19. Oktober hat das Parlament ein Gesetz zur Stärkung des AntiKorruptionsbüros (NABU) in 2. Lesung angenommen. Dieses Gesetz macht NABU zu einem zentralen Exekutiv-Organ mit Sonderstatus. Der Präsident verlöre die Macht, das Personal zu ernennen oder zu entlassen. https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/verkhovna-rada-passes-law-strengthening-nabu.html

NABU hat bisher durch Aufdeckung von Korruptionsmodellen und Rückgewinn von Ressourcen sich gut bezahlt gemacht und sich gleichzeitig als entscheidend  bei der Bekämpfung auch internationaler Korruption erwiesen. https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/ukraine-strengthens-independence-of-key-anti-corruption-agency/

Der Atlantic Council würdigt die Verabschiedung dieses Gesetzes als große Leistung, gibt aber zu bedenken, dass jetzt  die Umsetzung der Reformen erfolgen muss, was aucheine  Integritätskontrolle der Richter bedeutet, eine große Herausforderung gegenüber mächtigen Interessengruppen, die mit vielen Richtern verbunden sind. 

https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/now-is-the-moment-to-transform-ukraine/     

Zu den Pandora Papers: eine neue Umfrage des Kiewer Internationalem Institut für Soziologie ermittelte, dass 77,1% der Befragten die Offshore Konten ihrer Top Beamten und Politiker Offshore zutiefst missbilligen. Die Ukraine steht mit 38 in den Pandora Papers genannten Politikern mit Offshore Konten an der Spitze.  Auch Präsident Selenskiy ist dabei. Seine Zustimmungswerte sanken auf 28,2% .

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/poll-most-ukrainians-condemn-officials-for-offshores-zelenskys-rating-drops.html 

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/ukraine-leads-with-38-politicians-using-offshores-in-global-leak.html 

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/survey-most-ukrainians-disapprove-of-zelenskys-actions.html

In den letzten 7 Jahren haben mindestens 5.000 Cyberangriffe auf ukrainische Regierungsbereiche sowie Infrastruktur wie Krankenhäuser, Banken, Fabriken und Kraftwerke stattgefunden.  Dahinter steckt die Hacker Gruppe Armagedon, die sich aus russischen Geheimdienstoffizieren und  nach Russland übergelaufenen Ukrainern zusammensetzt. Es ist eine vom russischem Staat gesponsorte Gruppe von Cyber Kriminellen, die nun vom ukrainischen Geheimdienst öffentlich gemacht wurde. https://www.kyivpost.com/technology/sbu-unveils-names-of-russian-hackers-attacking-ukraine-since-2014.html

Krim

Die antike Stätte von Chersones, UNESCO Weltkulturerbe auf der Krim, wird von Russland mit Neubauten für einen "historisch-archäologischen Park" beschädigt. Dies könnte zum Verlust des Status als UNESCO Weltkulturerbe führen. https://khpg.org/en/1608809632

Das heutige Russland verfolgt die Krimtataren in ähnlicher Weise wie Stalin seinerzeit. Wieder wurde ein Journalist und die Söhne eines bekannten Historikers zu 12-17 Jahre Gefängnis verurteilt wegen Besitz "verbotener Literatur".  https://khpg.org/en/1608809690  

Ein etwa 2000 Jahre alter Goldschatz aus vier Museen auf der Krim gehört nach einem Gerichtsurteil nicht Russland, sondern der Ukraine. Im jahrelangen Streit um die kostbaren Kulturgüter entschied ein Amsterdamer Gericht am Dienstag auch in der Berufung zugunsten des Landes. Die Kulturgüter bleiben erst einmal am geheimen Ort. https://www.sueddeutsche.de/kultur/goldschatz-urteil-krim-gold-1.5449635

Wirtschaft und Energie

Erst das Positive:  die Ukraine könnte bald eine weitere $700 Millonen Tranche vom IWF bekommen, nachdem ein neues Übereinkommen erreicht wurde zu einem erneuten Start eines  Kreditprogramms im Umfang von 5 MIliarden Dollar.  https://www.kyivpost.com/business/imf-takes-another-step-to-unlock-renewed-lending-to-ukraine.html

Und: Home office und die Pandemie haben zu einem Boom in der ukrainischen IT Branche geführt, weil viele Firmen in Europa und den USA in die Ukraine outsourcen. Es wird ein Wachstum on 64% bis 2025 für die ukrainische IT Branche erwartet. https://www.forbes.com/sites/forbestechcouncil/2021/10/06/how-covid-and-wfh-have-caused-a-boom-in-outsourcing-to-ukraine/?sh=2dab8b5654df

Aber ein Energienotstand zeichnet sich ab für den Winter. Putin setzt Gas und Kohle schon jetzt als Waffe ein. Am 1. November, stoppte Russland die Kohle Exporte in die Ukraine zu einer Zeit, wo die Vorräte sowieso stark gesunken waren. Gleichzeitig verringert Gazprom den Transit um die Hälfte der vertraglich vereinbarten Kapazität für 2021. https://www.kyivpost.com/business/russia-to-stop-exporting-thermal-coal-to-ukraine-from-nov-1.html           https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/ukraine-faces-energy-crisis-as-putin-weaponizes-gas-and-coal-supplies/

Ein anderes drängendes Problem ist die starke Umweltverschmutzung, die vor allem von Werken in den Händen von Billionären wie Akhmetov und Mittal verursacht wird.  Zarkapatien droht sogar eine ökologische Katastrophe weil ein Teil der Samara-West Öl Pipeline, die einer Firma des prorussischen Olicharchen Medvedchuk gehörte, illegal auseinandergenommen und abgebaut wurde.

https://www.kyivpost.com/business/plants-owned-by-billionaires-akhmetov-and-mittal-among-top-polluters-in-ukraine-study-shows.html

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/zakarpattia-on-verge-of-ecological-catastrophe-company-allegedly-linked-to-medvedchuk-to-blame.html

Nordstream 2

Der drohende Energienotstand in der Ukraine hängt natürlich mit der Ostsee Pipeline Nordstream 2 zusammen. Wie der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hervorhebt, gefährdet Nordstream 2 tatsächlich jetzt schon die Energieversorgung und die Sicherheit der Ukraine. https://www.rnd.de/politik/ukrainischer-botschafter-melnyk-nordstream-2-ist-ein-messer-im-ruecken-der-ukraine-MTK6NUZEBNGTLHM5JA2UYPRCMY.html

Nachdem Ungarn Ende September einen Vertrrag mit Gazprom abgeschlossen hat, der einen Großteil der Erdgaslieferungen aus Russalnd über die neue Südleitung über die Türkei und den Balkan vorsieht, verliert die Ukraine  ihre bisherige Rolle als Transitland für die ungarische Gasversorgung. Dies hat schon zu erheblichen Spannungen zwischen der Ukraine und Ungarn geführt.

https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/nord-stream-streit-ueber-gaslieferungen-zwischen-ungarn-und-ukraine-17561564.html

Als die USA und Deutschland im Juli sich darauf einigten, die Pipeline Nord Stream 2 zu Ende zu bauen und zuzulassen, wurde der Ukraine als Entschädigung ein "Gründer Fonds" versprochen. 3 Monate später hat sich nichts getan, um diesen voranzubringen. https://www.kyivpost.com/business/after-nord-stream-2-promises-german-fund-lies-dormant.html

wird bereits mit Gas befüllt, und das deutsche Wirtschaftsministerium gibt grünes Licht zur Inbetriebnahme. Der Chef des ukrainischen Energiekonzerns Naftogaz Jurij Vitrenko warnt davor, dass so Putin in der Lage sein wird, den Transit durch die Ukraine zu stoppen und damit Deutschland und andere EU Staaten allein abhängig von Gaslieferungen über Nordstream 2 zu machen. Europa könnte erpresst werden, einer Inbetriebnahme von Nordstream 2 ohne Zertifizierung des Betreibers zuzustimmen. Im Streit über die fertiggestellte Erdgaspipeline haben zwei ukrainische Staatsunternehmen eigenen Angaben zufolge eine Beteiligung am Zulassungsverfahren bei der Im Streit über die fertiggestellte Erdgaspipeline Nord Stream 2 haben zwei ukrainische Staatsunternehmen eigenen Angaben zufolge eine Beteiligung am Zulassungsverfahren bei der Bundesnetzagentur beantragt.  https://uacrisis.org/de/deutsches-wirtschaftsministerium-gibt-gruenes-licht-fuer-nord-stream-2-so-reagiert-die-ukraine

https://www.zeit.de/news/2021-10/04/ostseepipeline-nord-stream-2-wird-mit-gas-befuellt?fbclid=IwAR3d_AoJnMIi5J3b1dGW1Lwt_wdl2C8_k_bBXy5rARkomzBtQtWVRijIEZE 

https://www.spiegel.de/wirtschaft/nord-stream-ukrainische-staatsfirmen-wollen-beim-streit-um-die-ostseepipeline-mitreden-a-3b58dded-1648-417b-bc1c-e6765342fbff

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Witrenko warnt zudem davor, dass Putin in der Lage sein wird, den Transit durch die Ukraine zu stoppen, sollte Nord Stream 2 in Betrieb genommen werden. Dann würden Deutschland und andere EU-Staaten kritisch von Gaslieferungen durch Nord Stream 2 abhängig sein. Im Gegensatz zum ukrainischen Gastransportsystem verfüge Nord Stream 2 aber über keine Reservekapazitäten und keine Speicher. Lana Serkal, Beraterin des ukrainischen Energieministers, hatte zuvor erklärt, es sei nicht ausgeschlossen, dass Europa von Russland erpresst werden könnte und dann einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ohne Zertifizierung eines Betreibers zustimmen könnte.

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Witrenko warnt zudem davor, dass Putin in der Lage sein wird, den Transit durch die Ukraine zu stoppen, sollte Nord Stream 2 in Betrieb genommen werden. Dann würden Deutschland und andere EU-Staaten kritisch von Gaslieferungen durch Nord Stream 2 abhängig sein. Im Gegensatz zum ukrainischen Gastransportsystem verfüge Nord Stream 2 aber über keine Reservekapazitäten und keine Speicher. Lana Serkal, Beraterin des ukrainischen Energieministers, hatte zuvor erklärt, es sei nicht ausgeschlossen, dass Europa von Russland erpresst werden könnte und dann einer Inbetriebnahme von Nord Stream 2 ohne Zertifizierung eines Betreibers zustimmen könnte.

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Sicherheitsfragen und Internationales

Sicherheitsthemen treten für die Ukraine immer mehr in den Vordergrund und überlagern die Reformbemühungen, meint Susan Stewart.   Die Pipeline Nordstream 2 trägt auch dazu bei.

https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/2021A63_Ukraine_Reformen.pdf

Die Beziehungen zwischen der Ukraine und der Türkei werden immer wichtiger, sowohl im wirtschaftlichen aber auch besonders im politischen und militärischen Bereich. Die Türkei ist jetzt der größte Investor in der Ukraine. Der ukrainische Außenminister meint, dass die beiden Länder modellhaft  ihre strategische Partnerschaft durch enge Zusammenarbeit in den oben erwähnten Bereichen stärken und so auch zur Sicherheit im und um das Schwarzen Meer beitragen können.  https://www.kyivpost.com/business/burak-pehlivan-turkey-is-now-largest-investor-in-ukraine.html

https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/strong-ukraine-turkey-partnership-holds-the-key-to-black-sea-security/

Am 12.Oktober fand der 23. Gipfel zwischen der Europäischen Union und der Ukraine in Kiew statt. Im gemeinsamen Abschluss-Statement sind viele wohlklingende Worte, Absichten, Lob über angepackte Reformen und Ermahnungen zu allem Nicht Erreichten, Versprechungen aber wenig Konkretes. Wichtig ist wohl dass die EU mit der Ukraine das Open Skies Abkommen unterzeichnet hat. 

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/joint-statement-following-the-23rd-eu-ukraine-summit.html

https://www.ukrinform.de/rubric-polytics/3271990-luftverkehr-eurat-stimmt-openskiesabkommen-mit-der-ukraine-zu.html

Vor der Gipfelkonferenz sondierten Frankreich und Deutschland separat mit der Ukraine und mit Russland über ein neues Treffen im Normandie Format. Russland wollte ein solches allerdings ohne Beteiligung der Ukraine durchführen.  https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/germany-and-france-meet-separately-with-ukraine-and-russia-to-discuss-next-normandy-format-summit.html

Insgesamt ruft Russlands Verhalten große Beunruhigung hervor. Julia Mendel vom Atlantic Council sieht in Russland den weltweit größten Destabilisierungsfakor für andere Länder und die internationale Lage überhaupt.        https://www.atlanticcouncil.org/bl ogs/ukrainealert/russia-is-the-worlds-leading-exporter-of-instability/

Besonders die Feindseligkeit der Ukraine gegenüber erreicht ein unerhört beleidigendes Ausmaß. Am 11.10. veröffentlichte Dmitrij Medvedev in der Zeitung Kommersant einen Brief mit dem Titel  "Warum Kontakte zur jetzigen REgierung der Ukraine sinnlos sind” Darin wird gedroht, dass Wolf Russland würde die ZIege Ukraine auffressen, wenn sie sich mit ihm anlege, der Ukraine wird nicht nur die Staatlichkeit  sondern den ukrainischen Bürgern auch jede eigenständige Identität  abgesprochen. Die Führung wird unflätig angegriffen einschließlich antisemitischer Ausfälle gegen Selenskij.

https://www.atlanticcouncil.org/blogs/ukrainealert/medvedev-echoes-putins-dangerous-ukraine-obsession/ 

https://jamestown.org/program/putins-brutal-letter-to-ukraine-under-medvedevs-byline/

Vor dem Hintergrund einer beispiellosen Gaskrise auf dem europäischen Markt stellt sich die Frage, ob Putin den EU Gasmarkt gezielt austrocknen lässt. Verschiedene westliche Experten, Medien und Politiker vermuten, dass Gazprom gezielt diesen Energiemangel in Europa verschärft hat, um Druck auf Deutschland und die EU auszuüben mit dem Ziel, eine schnellstmögliche Betriebserlaubnis für die fertiggestellte  Ostsee Pipeline zu erwirken. Und zwar für beide Stränge der Leitung, die dafür eine Ausnahme aus EU-Gesetzen braucht. Putin will aber auch, dass sich die EU mit langfristigen Verträgen bindet.

https://www.dw.com/de/l%C3%A4sst-putin-den-eu-gasmarkt-gezielt-austrocknen/a-59505598

Wie Putiin mit Gas einen Staat erpressen kann ist in der Republik Moldau zu sehen. Sie hatte im Oktober wegen der Gaskrise den Notstand aufgerufen. Ihr fehlte nach eigenen Angaben ein Drittel der üblichen Oktoberlieferung an Gas. Grund waren schwierige Vertragsverhandlungen mit Gazprom. https://www.zeit.de/politik/ausland/2021-10/moldau-gas-notstand-ausrufung-gas-krise-gazprom-russland  

Am 29.10. einigten sich die Vertreter Moldaus und Gazprom auf einen neuen fünfjährigen Vertragm nachdem zuvor Gazprom gedroht hatte, ab Dezember kein Gas mehr nach Moldau zu liefern. Der politische Preis für die Einigung könnte allerdings sein, dass die Regierung in Chișinău ihr Freihandelsabkommen mit der EU neu verhandeln und die mit der Europäischen Union vereinbarten Energiemarktreformen verschieben muss.  https://www.n-tv.de/politik/Wie-Russland-mit-Gas-einen-Staat-erpresst-article22898877.html

Timothy Ash sieht das alles sehr pessimistisch. Der Winter spiele Putins Erpressung mit dem Gashebel in die Hände, der Westen reagiere sehr schwach. Er meint, Putin würde so die Kontrolle über die Ukraine erzwingen wollen sowie die Akzeptanz der Krim Annexion, keine Erweiterung der NATO, die Billigung der Einflusssphäre Russlands im postsowjetischen Raum und ein Ende der Sanktionen. Und er hätte nicht schlechte Chancen, damit durchzukommen.  https://www.kyivpost.com/article/opinion/op-ed/timothy-ash-europes-long-cold-winter-ahead.html

Zusätzlich gibt es neue Armee-Manoever. Russland zieht an der Grenze zur Ukraine 90.000 Soldaten zusammen. Der Konflikt gärt weiter. Auch im Osten der Ukraine wird wieder viel mehr geschossen.

https://taz.de/Russlands-neues-Armee-Manoever/!5809580/

https://www.nzz.ch/international/russland-demonstriert-an-seiner-westgrenze-militaerische-staerke-ld.1653284

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/russia-moves-more-troops-to-ukraines-borders-raises-concerns-in-europe-us.html 

https://www.derstandard.at/story/2000130887587/im-osten-der-ukraine-wird-wieder-viel-mehr-geschossen?ref=rss

Besetzte Gebiete DNR und LNR im Donbass

Der frühere FSB Offizier Igor Girkin, der die russische Besetzung der Krim mit verantwortete und auch die separatistischen Gebiete in der Ostukraine mit besetzte, gab in einem Interview zu, dass Russland diese Gebiete in Donezk und Lugansk in ein Dreckloch verwandelt hat. https://khpg.org/en/1608809608  

Denis Trubetskoy stellt die Frage, ob Russland nun doch die Annexion dieser Gebiete vorbereitet? Immerhin durften die Bewohner der nicht anerkannten Volksrepubliken an russischen Parlamentswahlen teilnehmen. Nun planen Donezk und Luhansk die gegenseitige wirtschaftliche Integration und setzen Grenz- und Zollkontrollen aus. Davon profitiert vor allem der Kreml.

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/politik/russland-putin-ukraine-donbass-100.html

An der sogenannten Kontaktlinie zwischen der Ukraine und den besetzten Gebieten herrscht nun schon seit sieben Jahren Krieg. Die Front zu den Separatistengebieten ist ein Streifen des Todes und der Zerstörung. In den vergangenen zwölf Monaten gab es mehr als 2400 Gefechte. 59 ukrainische Soldaten sind dabei gefallen. Hier ein Vor-Ort-Bericht.

https://www.reservistenverband.de/magazin-loyal/taegliche-gefechte-in-einem-vergessenen-krieg/?fbclid=IwAR3gRIde1LdSDf1zaTASeHCNEYwJMbTw6Emsrzy4yvI_qEGvOJ-2ZrX_8Bg

Dazu berichtet Ukrinform, dass allein an einem Tag , am 26. Oktober, 13 Verletzungen des Waffenstillstands festgestellt wurden, 6 davon mit dem Einsatz der durch die Minsker Abkommen verbotenen Waffen. https://www.ukrinform.de/rubric-defense/3339827-waffenruhe-im-konfliktgebiet-ostukraine-13-mal-gebrochen-ein-soldat-getotet.html

Der Krieg hinterließ auch viele Minen. 700 Tote durch Minen hat es seit 2014 gegeben. Auf der ukrainischen Seite suchen auch Frauen diese Minen, um sie zu beseitigen.

https://www.spiegel.de/ausland/landminen-in-der-ukraine-die-mutigsten-frauen-im-donbass-a-f12fdcbd-26e1-4f98-a292-8fea428ae8e9

Am 17. 10. musste die OSZE ihre Beobachtungsmission unterbrechen, weil in Donesk 200 prorussische Demonstranten den Eingang zum Hotel, das als Hauptquartier diente blockiert hatten. Die Festnahme eines Luhansker Rebellen durch ukrainischen Geheimdienst sorgte für Konfrontation prorussischer Kräfte mit der OSZE. Nach einer kurzen Zeit haben die Separatisten in der Ostukraine die Einschränkungen für die internationalen Waffenstillstandsbeobachter teilweise wieder aufgehoben. https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/osce-halts-mission-in-eastern-ukraine-amid-protests-and-detention-of-its-members.html

https://www.derstandard.at/story/2000130553651/separatisten-heben-osze-blockade-in-ostukraine-teilweise-auf?ref=rss     https://www.osce.org/special-monitoring-mission-to-ukraine/501343

Aufsehen und Besorgnis löste die Tatsache aus, dass die Ukrainischen Streitkräfte Ende Oktober die von Russland unterstützten Separatisten  zum ersten Mal mit einer aus der Türkei stammenden Drohne bekämpft haben.  Zuvor hatten prorussische Separatisten Positionen der ukrainischen Armee mit schwerer Artillerie beschossen. Beide Waffengattungen sind nach den Minsker Abkommen verboten.

https://www.spiegel.de/ausland/ostukraine-armee-setzt-kampfdrohne-ein-a-154e7982-a22d-4844-978b-3d6fd91cd6ef  https://www.dw.com/de/diskussion-um-kampfdrohneneinsatz-in-der-ostukraine/a-59665012

Eine positive Nachricht: die Europäische Kommission will weitere 3.5 Millionen Euros aufwenden, um die am meisten bedürftigen und gefährdeten Bewohner des  Donbass zu unterstützen.

https://www.kyivpost.com/ukraine-politics/european-commission-will-provide-3-5-million-euros-in-aid-for-eastern-ukraine.html

Für weitere Informationen siehe auch die Newsletter Nr. 4 und 5 der der Konrad- Adenauer- Stiftung im Anhang.

Über Belarus werde ich bis auf weiteres in diesem Newsletter nicht mehr berichten.  Letzterer wird sowieso immer länger und länger. Angesichts meiner begrenzten persönnlichen Arbeitskapazität möchte ich dann doch den Fokus auf Charkiw und die Ukraine beschränken.

Beste Grüße

Antje Rempe