Ein riesiges Datenleck enthüllt nach Angaben eines internationalen Recherchenetzwerkes die heimlichen Geschäfte Hunderter Politiker mit Briefkastenfirmen. Das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), zu dem die Süddeutsche Zeitung gehört, veröffentlichte einen Teil der Rechercheergebnisse zur Verstrickung von mehr als 330 Politikern und Amtsträgern aus 91 Ländern in sogenannte Offshore-Geschäfte in Steueroasen. Darunter seien auch amtierende Regierungschefs wie etwa Tschechiens Ministerpräsident Andrej Babiš.

Babiš soll auf diese Weise weitgehend anonym ein Landschloss in Südfrankreich für mehr als 15 Millionen Euro erstanden haben. Für ihn ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung besonders brisant, weil in Tschechien kommende Woche ein neues Parlament gewählt wird. Der Regierungschef wies die Anschuldigungen zurück: Es sei klar, dass er weder etwas Ungesetzliches noch etwas Schlechtes getan habe, sagte Babiš der Nachrichtenagentur CTK am Sonntagabend. Er sprach von einem Versuch, ihn "zu beschmutzen und auf diese Weise die tschechischen Parlamentswahlen zu beeinflussen".

Mitglieder der Familie des aserbaidschanischen Präsidenten İlham Aliyev tauchten ebenfalls in den Papieren auf: Sie und Vertraute der Familie sollen über Briefkastenfirmen Immobilien in Großbritannien für mehr als 550 Millionen Euro erworben haben. Viele der Gebäude seien bereits weiterverkauft worden.

Auch etwa der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, zahlreiche Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Jordaniens König Abdullah II. und viele Prominente wie etwa das Model Claudia Schiffer sind oder waren laut Süddeutsche Kunden bei Offshore-Firmen. Der Präsident des EU-Landes Zypern, Nikos Anastasiadis, war demnach selbst aktiv im Offshore-Geschäft tätig mit seiner Kanzlei, die mittlerweile von seinen Töchtern geführt wird.

Panama warnt vor schweren Schäden für das Image des Landes

An der Auswertung der sogenannten Pandora Papers waren rund 600 Journalistinnen und Journalisten in 117 Ländern beteiligt. Nach Angaben des ICIJ wurden 11,9 Millionen geleakte Dokumente ausgewertet, "die jeden Winkel der Welt abdecken". In Deutschland beteiligten sich neben der Süddeutschen Zeitung auch NDR und WDR an den Recherchen. Internationale Partnermedien sind unter anderem die Washington Post, der Guardian, der Indian Express, Le Monde und Aftenposten. Nach Angaben der Medien stammen die Daten – insgesamt knapp drei Terrabyte – von 14 Unternehmen, die Offshore-Konstrukte anbieten. Die Dokumente reichen bis ins Jahr 2021 und sind damit das bislang größte Datenleck zu Geschäften in Steueroasen.

Die Regierung von Panama hatte bereits vor der Veröffentlichung der Pandora Papers vor schweren Schäden für das Image des Landes wie infolge der Panama Papers 2016 gewarnt. Damals hatte ein anonymer Whistleblower der Süddeutschen Zeitung mehr als elf Millionen interne Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca zugespielt. Eine Auswertung in Zusammenarbeit mit dem ICIJ enthüllte ein ausgeklügeltes System zur globalen Steuervermeidung.

Nach der Veröffentlichung mussten etliche Politiker – darunter der damalige isländische Regierungschef Sigurður Jóhannsson und der pakistanische Premierminister Nawaz Sharif – von ihren Ämtern zurücktreten. Weltweit wurden Tausende Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das Bundeskriminalamt (BKA) hat sich die Panama Papers beschafft, um die Informationen über Briefkastenfirmen und Steuervermeidungstricks mit Blick auf mögliche Ermittlungsansätze zu prüfen.