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Ukraine Parlament beschließt umstrittenes Gesetz gegen Oligarchen

Die ukrainische Regierung will mit einem neuen Gesetz den Einfluss von Oligarchen begrenzen. Kritiker von Staatschef Selenskyj befürchten, dass er es einsetzen könnte, um seine eigene Macht zu sichern.
Staatschef Wolodymyr Selenskyj

Staatschef Wolodymyr Selenskyj

Foto: Hennadii Minchenko / imago images/Ukrinform

Die ukrainische Regierung von Staatschef Wolodymyr Selenskyj will den politischen und wirtschaftlichen Einfluss von Schwerreichen begrenzen. Ein entsprechendes umstrittenes Gesetz wurde am Donnerstag vom Parlament in der Hauptstadt Kiew mit deutlicher Mehrheit verabschiedet.

Die Novelle sieht die Schaffung eines Registers für sogenannte Oligarchen vor. Diese dürfen dann keine Parteien unterstützen, nicht an Privatisierungen teilnehmen und müssen ihre Vermögenswerte offenlegen. Als Oligarchen gelten vor allem millionenschwere Medienbesitzer, die gleichzeitig Monopolisten in ihrem Hauptgeschäftsbereich sind und versuchen, politischen Einfluss auszuüben. Das Gesetz soll zehn Jahre gelten.

Selenskyj sagte, er halte das Gesetz für notwendig, um das Land vor mächtigen Geschäftsleuten zu schützen, die das politische System seit Jahrzehnten korrumpiert hätten. Seine Gegner befürchten, dass das Gesetz selektiv angewendet wird, um mehr Macht in den Händen des Präsidenten zu konzentrieren.

Umstritten ist vor allem die Regelung, dass der vom Präsidenten zusammengesetzte Nationale Rat für Sicherheit und Verteidigung die Aufnahme in das Register bestimmt. Staatschef Wolodymyr Selenskyj hatte zuletzt über diesen Rat etwa die Blockade von oppositionellen Fernsehsendern und Websites durchgesetzt. Selenskyjs Kritiker werfen ihm vor, die Medienlandschaft vor einer 2024 möglichen Wiederwahl zu bereinigen und mögliche Konkurrenten auszuschalten.

Mordanschlag auf Selenskyjs Berater

Vor der Verabschiedung hatte die Menschenrechtsbeauftragte des Parlaments, Ljudmyla Denissowa, den Entwurf in einem Schreiben als verfassungswidrig bezeichnet. Parlamentspräsident Dmytro Rasumkow wollte den Entwurf von der sogenannten Venedig-Kommission des Europarats prüfen lassen, die das für Dezember in Aussicht stellte. Die Parlamentsmehrheit des Präsidenten votierte jedoch, ohne abzuwarten, dafür.

Einen Tag vor der Abstimmung war ein Mordanschlag auf Sergej Schefir, einen engen Berater und Freund Selenskyjs, verübt worden. Sein Auto wurde von mehreren Kugeln getroffen. Ein Berater von Selenskyj bezeichnete den Anschlag nach Angaben von »Bloomberg « als »Versuch, ein wichtiges Mitglied des Teams, das an der Anti-Oligarchen-Gesetzgebung arbeitet, demonstrativ zu ermorden«. Schefir überlebte den Anschlag unbeschadet, sein Fahrer wurde jedoch verletzt.

slü/dpa/Reuters