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»Er war ein Niemand für uns« Lukaschenko bestreitet Beteiligung an Tod des Aktivisten Vitali Schischow

Vertraute des toten belarussischen Oppositionellen Vitali Schischow erheben Mordvorwürfe gegen das Regime von Alexander Lukaschenko. Der bestreitet das – und bezichtigt die geflüchtete Olympionikin Timanowskaja der Lüge.
Machthaber Lukaschenko: »Er war ein Niemand für uns«

Machthaber Lukaschenko: »Er war ein Niemand für uns«

Foto: Pavel Orlovsky / dpa

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat jegliche Verwicklung der Behörden seines Landes in den Tod des Aktivisten Vitali Schischow in der Ukraine zurückgewiesen. »Schischow, wer ist das für mich oder für Belarus?«, sagte Lukaschenko am Montag bei einer Pressekonferenz in Minsk. »Er war ein Niemand für uns. Wer wäre dahin gefahren, um ihn zu hängen?«

Ähnlich herablassend hatte sich in der Vergangenheit Russlands Präsident Wladimir Putin nach dem Giftanschlag auf den Kremlkritiker Alexej Nawalny geäußert. »Warum denn gleich vergiften? Wen interessiert der schon?«, fragte Putin damals mit gekünsteltem Lachen.

Lukaschenko wettert gegen Olympionikin Timanowskaja

Schischow war vergangene Woche erhängt in einem Park der ukrainischen Hauptstadt Kiew aufgefunden worden. Die ukrainischen Behörden ermitteln unter anderem wegen »als Selbstmord getarnten Mordes«. Schischows Umfeld geht von einer »gezielten Operation« des belarussischen Geheimdienstes aus. Der 26-Jährige hatte eine Organisation geführt, die Belarussen bei der Emigration in die Ukraine hilft.

Der Vorfall belastet auch die Beziehungen der beiden Nachbarstaaten. Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, wies die Sicherheitsbehörden seines Landes infolge des mysteriösen Todes an, belarussischen Exilanten zusätzlichen Schutz zu gewähren.

Lukaschenko wetterte bei der Pressekonferenz ein Jahr nach seiner umstrittenen Wiederwahl auch gegen die belarussische Olympia-Teilnehmerin Kristina Timanowskaja. Die Sprinterin hatte bei den Spielen in Tokio erklärt, sie fürchte, entführt zu werden, nachdem sie Sportfunktioniäre ihres Landes kritisiert hatte. Sie verließ daraufhin Japan und begab sich nach Polen, wo sie ein humanitäres Visum erhielt.

»Sie hätte das niemals allein gemacht«, sagte Lukaschenko. »Sie wurde von ihren polnischen Kumpels angeleitet.«

Der seit fast drei Jahrzehnten autoritär regierende Staatschef war vor einem Jahr trotz massiver Betrugsvorwürfe zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt worden. Dies löste in Belarus beispiellose Massenproteste aus, die von den Sicherheitskräften brutal niedergeschlagen wurden. Seitdem gehen die Behörden mit zunehmender Härte gegen Regierungskritiker vor. Viele Belarussen fliehen angesichts der Repression in die benachbarte Ukraine, nach Polen oder Litauen.

fek/muk/AFP/Reuters