Repressionen in Belarus: Razzien und Festnahmen

Machthaber Lukaschenko setzt die Unterdrückung fort. Nach Hausdurchsuchungen bei Redaktionen und NGO's landeten mehrere Menschen im Knast.

Menschen mit Fahren und Transparenten

Anti-Lukaschenko Protest an der litauisch-belarussischen Grenze Foto: Mindaugas Kulbis/AP/dpa

KIEW taz | Am gestrigen Freitag haben die Repressionen des Staatsapparates gegen Journalisten, Menschenrechtler, Umweltschützer und Gewerkschafter in Belarus einen neuen Höhepunkt erreicht. Am Morgen drangen über ein Dutzend Sicherheitskräfte mit Gewalt in die Minsker Redaktion von Radio Swaboda ein. Eine Tür wurde zertreten, zahlreiche Computer und Datenträger wurden beschlagnahmt. Zur gleichen Zeit wurde Oleg Grusdilowitsch, ein Mitarbeiter von Radio Swaboda, festgenommen.

Radio Swaboda ist der belarussische Ableger des von den USA finanzierten Radio Liberty. Insgesamt wurden landesweit am Freitag die Wohnungen von 29 Personen durchsucht, die meisten von ihnen sind Journalisten. Dabei wurden vier Journalisten festgenommen. Auch das Minsker Büro des von Polen finanzierten Senders Belsat erhielt am Freitag unerbetenen Besuch.

Ebenfalls durchsucht wurde die Wohnung von Marina Dubina, Leiterin des „Ökohauses“. Das „Ökohaus“ warnt immer wieder vor den Gefahren des Atomkraftwerks im belarussischen Ostrowez. Dubina, so berichtet BBC auf seinem russischsprachigen Portal, wirft man die „Organisation von Massenunruhen“ und „von kollektiven Handlungen zur Störung der öffentlichen Ordnung“ vor.

Auch die Besucher der unabhängigen Gewerkschaft REP hatten sich am Freitag nicht die Mühe gemacht, auf ein Öffnen der Tür zu warten, hatten diese einfach eingetreten. Dies berichtet die Gewerkschaft auf ihrem Portal. Anschließend hatten die Behörden das Büro versiegelt. Besuch erhielten auch die NGOs TimeAct und Legal Initiative.

Journalisten, Menschenrechtler und NGO-Aktivisten

Schon kurz nach dem Treffen von Wladimir Putin und Alexander Lukaschenko am Dienstag in St. Petersburg hatte eine Welle von Hausdurchsuchungen und Verhaftungen Journalisten, Menschenrechtler und NGO-Aktivisten heimgesucht. Besonders hart erwischt hat es die Menschenrechtsorganisation Wjasna. Sechs Wjasna-MitarbeiterInnen wurden seit Mittwoch verhaftet, darunter auch ihr Vorsitzender Ales Bialiatski.

Ebenfalls am Freitag wurde der Telegram-Kanal „Land für das Leben“ von einem Gericht als extremistisch eingestuft. Gegründet worden war der Kanal von Sergej Tichanowskij, dem Ehemann der Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. Bereits am 8. Juli waren die Büros der Portale Nascha Niwa, Brester Zeitung, Intex-Press und orsha.eu durchsucht worden.

Unterdrückung als Erfolgsmeldung

Am Freitag Nachmittag bestätigte die staatliche Nachrichtenagentur belta.by im Stil einer Erfolgsmeldung die jüngsten Repressionen. „Die Maßnahmen zur Säuberung von radikal eingestellten Personen werden in Belarus fortgesetzt“ meldete die Agentur unter Berufung auf KGB-Sprecher Konstantin Bytschek. Man habe bei „aktiven Abonnenten destruktiver Telegram-Kanäle“ Hausdurchsuchungen durchgeführt und Beweismaterial für strafrechtlich relevante Taten sichergestellt.

Am selben Tage hatte das Oberste Gericht entschieden, die Haft von Maria Kolesnikowa, Vorstandsmitglied des Koordinierungsausschusses der Opposition, bis zum Prozess gegen sie zu verlängern.

Der 16. Juli war für Kolesnikowa auch aus einem anderen Grund ein wichtiges Datum. Genau ein Jahr zuvor, am 16. Juli 2020, hatte sie mit Swetlana Tichanowskaja und Veronika Zepkalo die Stäbe von drei Oppositionskandidaten vereint. Danach waren die drei Frauen immer zu dritt in der Öffentlichkeit aufgetreten. In einem emotionalen Schreiben aus der Haft erinnert sie an dieses Datum. Sie wisse, dass viele müde geworden seien, schreibt sie. Manchen scheine es gar, als dauere der Krieg der belarussischen Machthaber gegen das Volk noch eine Ewigkeit. „Doch das ist nicht so.“ so Kolesnikowa. „Wir haben unsere Gleichgültigkeit besiegt. Und das ist das Wichtigste“, zitiert der Belaruspartisan.by die inhaftierte Politikerin.

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Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.

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