Gut drei Wochen nach seiner Festnahme ist der in Belarus inhaftierte Regierungskritiker Roman Protasewitsch überraschend bei einer Pressekonferenz aufgetreten. "Ich fühle mich ausgezeichnet", sagte der 26-Jährige in Minsk. "Niemand hat mich geschlagen oder auch nur mit dem Finger berührt." Der Blogger wirkte gelöst. Er lachte mehrfach. Zugleich wandte sich der Aktivist an seine Eltern, die in der Bild-Zeitung Bundeskanzlerin Angela Merkel um Unterstützung bei einer Freilassung gebeten hatten: "Mam, Pap, sorgt euch nicht, mit mir ist alles völlig in Ordnung."

Protasewitsch äußerte sich bei einem vom belarussischen Außenministerium organisierten Auftritt, bei der die Behörden abermals ihre Sichtweise auf die Zwangslandung einer Passagiermaschine darlegten. Dabei sagte der junge Mann, er unterstütze nicht Machthaber Alexander Lukaschenko. "Ich respektiere ihn als Menschen." 

Eine Journalistin sagte bei der Pressekonferenz, sie glaube nicht, dass Protasewitsch seine Aussagen freiwillig mache. Sie spielte damit auf ein Fernsehinterview vor gut einer Woche an, bei dem der Blogger in einem anscheinend erzwungenen Geständnis eingeräumt hatte, Massenproteste gegen Lukaschenko organisiert zu haben. Der 26-jährige Blogger widersprach der Journalistin und behauptete erneut, dass er bei den mehr als vierstündigen Aufnahmen aufrichtig gewesen sei. 

Journalisten eines britischen Senders verließen bei der Pressekonferenz den Saal. Protasewitsch saß auf dem Podium mit etwas Abstand zu Vertretern des Verkehrs- und Verteidigungsministeriums. Nach dem Ende der Konferenz sprang er sofort auf und verließ den Raum. 

Sofia Sapega bleibt in Haft

Vor knapp drei Wochen hatten die Behörden des autoritär geführten Landes eine Ryanair-Passagiermaschine auf dem Weg von Athen nach Vilnius mit einem Kampfjet zur Zwischenlandung in Minsk gezwungen. An Bord waren der Regierungskritiker Protasewitsch und seine Freundin Sofia Sapega. Beide wurden festgenommen. Die EU verhängte daraufhin erneut Sanktionen gegen die ehemalige Sowjetrepublik.

Protasewitsch hatte seinen ersten öffentlichen Auftritt im staatlichen belarussischen Fernsehen vor etwa einer Woche. Das Interview war aufgezeichnet worden, Protasewitsch fühlte sich darin sichtlich unwohl. Der Blogger sagte aus, er habe zu Protesten gegen Lukaschenko aufgerufen. Gleichzeitig lobte er den Machthaber, er bewundere ihn. Mit teils zitternder Stimme erhob Protasewitsch zudem Anschuldigungen gegen andere Mitglieder der belarussischen Opposition.

Nahaufnahmen von Protasewitschs Handgelenk zeigten damals Verletzungen. Der Vater des festgenommenen Bloggers sagte später, es handle sich bei dem Interview um eine durch Folter erzwungene Aussage. "Ich kenne meinen Sohn sehr gut und ich glaube, dass er so etwas nie sagen würde", sagte Dmitri Protasewitsch. Das Video sei als Ergebnis von "Missbrauch, Folter und Drohungen" entstanden.

Am Montag wies ein Gericht in Minsk unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine Beschwerde Sapegas gegen ihre Inhaftierung ab, wie die russische Staatsagentur Tass meldete. Die Anwälte wollten Berufung gegen die Entscheidung einlegen. Sie argumentierten demnach, Belarus sei laut internationalen Abkommen verpflichtet, dass Flugreisende an ihr geplantes Ziel gelangen müssten. Gegen die russische Staatsbürgerin laufen zwei Strafverfahren.