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99. Protesttag in Belarus Mehr als 1000 Festnahmen bei Demonstrationen gegen Lukaschenko

Vermummte Beamte, Tränengas, Prügel: In Belarus gehen Sicherheitskräfte mit Härte gegen regierungskritische Demonstranten vor. Mehr als 1000 Menschen wurden in Gewahrsam genommen.
Minsk: Sicherheitskräfte führen einen Mann ab

Minsk: Sicherheitskräfte führen einen Mann ab

Foto: Stringer / imago images/ITAR-TASS

Bei der Sonntagsdemonstration gegen Machthaber Alexander Lukaschenko in Belarus sind nach Angaben der Menschenrechtsgruppe Wjasna mehr als 1000 Demonstranten festgenommen worden. Das Menschenrechtszentrum listete am Sonntagabend auf seiner Internetseite  die Namen von mehr als 1040 Festgenommenen auf. Die meisten von ihnen kamen demnach in der Hauptstadt Minsk in Polizeigewahrsam. Darunter waren auch mehrere Journalisten. Viele kamen am Abend nach einer Überprüfung wieder frei. Die Behörden veröffentlichten zunächst keine Zahlen zu den Festnahmen.

Seit Monaten kommt es in Belarus zu Massenprotesten gegen Machthaber Alexander Lukaschenko. Bei den jüngsten Protesten gingen vermummte Sicherheitskräfte nun massiv gegen Demonstranten vor.

In der Hauptstadt Minsk setzten Uniformierte Tränengas und Blendgranaten gegen friedliche Demonstranten ein, wie Videos im Nachrichtenkanal Telegram zeigen. Auf diese Weise lösten sie einzelne Kundgebungen auf. Es gab mehrere Verletzte.

Die Aufnahmen zeigten, wie Demonstranten vor schwarz gekleideten Uniformierten wegrannten oder Festnahmen verhindern wollten. Immer wieder prügelten Sicherheitskräfte auf Menschen ein. Auf den Straßen waren Uniformierte mit Sturmgewehren zu sehen. Am frühen Nachmittag hatte die Menschenrechtsgruppe Wjasna noch von mehr als 150 Festnahmen gesprochen. Mehrere Tausend Menschen waren in größeren Gruppen in Minsk unterwegs. Aktionen gab es auch in anderen Städten.

Mobiles Internet weitgehend abgeschaltet

Erneut waren wieder etwa 15 Metrostationen in Minsk gesperrt, damit Demonstranten nicht ins Stadtzentrum gelangen konnten. Auch das mobile Internet war weitgehend abgeschaltet – diesmal bereits am Morgen. Damit wollten es die Behörden erschweren, sich zu Versammlungen zu verabreden. Zudem waren mehrere Straßen und Plätze teils mit schwerer Technik abgeriegelt. In der Hauptstadt waren viele Gefangenentransporter zu sehen.

Seit der Präsidentenwahl am 9. August steckt das Land in einer schweren innenpolitischen Krise. Der 66-jährige Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die EU erkennt ihn nicht mehr als Präsidenten an. Die Opposition sieht die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja als wahre Gewinnerin. Sie floh aus Angst um ihre Sicherheit ins EU-Land Litauen.

Es war der mittlerweile 99. Protesttag. Die Demonstranten erinnerten dabei an den Tod eines 31-Jährigen vor wenigen Tagen. Der Mann, den die Demokratiebewegung als Helden verehrt, soll überfallen worden sein. Einen Tag später starb er an seinen Verletzungen. "Wir werden den Tod von Roman Bondarenko nicht verzeihen", schrieb Tichanowskaja bei Telegram. Die Menschen in Belarus sollten weiter gemeinsam für Freiheit und ihr Leben kämpfen.

Anmerkung der Redaktion: Am Nachmittag hatte Menschenrechtsgruppe Wjasna mehr als 150 Festnahmen gezählt, am Abend aktualisierte sie die Angaben auf mehr als 1000 Festnahmen. Wir haben unsere Meldung entsprechend angepasst.

asc/ptz/dpa